„Was machen Sie denn beruflich?“, wäre womöglich genau die Frage, die Nathan Drake aus dem Konzept brächte, wollte er eine Lebensversicherung abschließen. Zwar könnte er lügen und behaupten er wäre ein einfacher Sachbearbeiter, vermutlich wäre das aber nicht sein Stil. Denn Nathan ist ein stolzer Abenteurer, der viel Wert auf ein gutes Feuergefecht legt, meterhohe Stürze wegstecken kann und dem schmerzende Knochen nicht neu sind. Oder anders: Nervenkitzel steht in seiner Gunst über einem festen Gehalt, in fernen Ländern aus brennenden Häusern flüchten entspricht mehr seiner Vorstellung als Meetings und Gruppenarbeiten. Und weil er meist einer heißen Spur folgt, die mit ewigem Reichtum lockt, ist eine Lebensversicherung vermutlich ohnehin nicht sein Fall. Gut für uns alle, so bleibt Nate nämlich der Protagonist von Uncharted. Jene Spielreihe, die weiterhin zum Besten gehört, was man spielen kann.
Drake’s Deception ist die dritte Episode von Uncharted, wobei auch dieser Teil der Action-Adventure-Reihe in erster Linie mit den bekannten Tugenden punktet, die mich schon bei den Vorgängern gepackt haben: Allen voran ist es die lebendige Präsentation, die weiterhin das A und O der Serie darstellt. Gemeint ist damit das Miteinander der Figuren, die hervorragend inszenierte Geschichte und die unterhaltsamen Dialoge. Es wirkt echt, nicht aufgesetzt oder steif und Naughty Dog ist es wieder einmal gelungen zahllose Zwischensequenzen einzubauen, ohne dass man als Spieler einen Übergang bemerkt. Im Gegenteil, man verliert ganz sanft die Kontrolle über die Spielfigur und erlangt sie meist ebenso sanft wieder zurück. Das führt unweigerlich dazu, dass man das Action-Adventure ungern abschaltet. Der Plot, der von einem Vorfahren Nathans erzählt (das Abenteurer-Dasein liegt in der Familie), führt dabei um die halbe Welt und ist gleichermaßen mit Humor und Dramatik gespickt, spannend und motivierend.
Doch machen wir uns nichts vor: Tolle Atmosphäre braucht auch tolle Technik. Naughty Dog hat die PlayStation 3 glücklicherweise fest im Griff, so dass man sich darüber zu keiner Zeit Gedanken machen muss. Umwerfende Ausleuchtung, einmaliger Detailreichtum, knackscharfe Texturen, ein beeindruckendes Effektgewitter und fantastische Animationen sprechen eine deutliche Sprache. Geschaffen haben die Entwickler eine dynamische Spielwelt und ziemlich elegant bewegen sich Freund und Feind durch diese hindurch. Gestützt wird die eindrucksvolle Optik von einem gelungenen Score, tollen Effekten und einer noch viel schöneren Synchronisation.
Spielerisch ist Uncharted ein waschechtes Action-Abenteuer mit Rätseln, Schätzen und zahllosen Schusswechseln. Ihr steuert Nate aus der 3rd-Person-Perspektive, einen Begleiter meist fest an seiner Seite, und befindet euch entweder in einer Abenteuersequenz oder einem Feuergefecht. Das merkt man recht schnell, denn der Wechsel jener beiden Passagen ist für ein Spiel dieser Größenordnung erstaunlich plump bzw. durchschaubar gestaltet. Entweder gibt es also keine Widersacher und ihr übt euch in Geschicklichkeitssequenzen und löst Rätsel oder es fliegen euch haufenweise Kugeln um die Ohren. Schön ist zweifelsfrei, dass man beim Klettern seine Ruhe hat, dennoch ist es ein wenig schade, dass sich meist exakt vorhersehen lässt wann Gegner auftauchen. Die besagten Denkspiele, wenngleich es sich meist um Schiebe- und Schaltervariationen handelt, unterhalten bestens und sind dank Nathans Logbuch nach einigem Überlegen lösbar. Im Anschluss daran ist es dann meist soweit: Aus allen Löchern tauchen aggressive Söldner auf, eröffnen das Feuer und die Actionsequenz beginnt. Die schick gekleideten Widersacher beharkten euch mit diversen Kanonen und fordern eure Vernichtung ein. Nate hat seinerseits, vermutlich durch das viele Klettern, unheimlich gut trainierte Fingermuskeln und ist problemlos dazu in der Lage souverän den Abzug von Pistole, Schrotflinte und Co. zu bedienen. Die passende Antwort hat er also parat. Aus zumeist sicherer Entfernung und verschanzt hinter einer Deckung feuert ihr aus allen Rohren zurück. Unsachgemäß gelagerte Propangasflaschen sind gern gesehene Ziele für den Helden, ansonsten geht es direkt auf den Mann. Die Unterstützung eurer Begleiter ist euch auch in solchen Krisensituationen gewiss, sie kämpfen intelligent mit und stehen selten im Weg. Wenn alle Stricke reißen und blanke Waffengewalt nicht mehr hilft, darf man sich in den Faustkampf wagen. Quick-Time-Events ermöglichen Konterangriffe, ansonsten drescht ihr mit Kreis und Quadrat auf die Gegner ein.
Beide Passagen machen stets Laune und fordern euch auf unterschiedliche Art und Weise. Der Umfang des Spiels geht mit acht bis zehn Stunden in Ordnung und kommt völlig ohne Längen aus. Die Suche nach den 100 versteckten Schätzen hat mich sogar zu einer zweiten Runde motiviert, die ich dann aber nicht beendet habe. Negativ aufgefallen ist mir ansonsten kaum etwas. Vielleicht aber doch die Hektik, die dann und wann im Spiel zu bemerken ist. Nate neigt zum ansatzlosen Kurzsprint, was die Kontrolle des Protagonisten nicht immer ganz einfach macht. Er rennt dann wild und kreuz und quer. Schleichen ist umgekehrt auch nicht immer der richtige Weg, zumal Nathan dabei so aussieht, als würde er in Zeitlupe laufen. Um den Testbericht für mich befriedigend abzuschließen muss ich natürlich auch den Mehrspieler erwähnen, den ich fast schon ein wenig widerwillig gestartet habe. Das ist kein gutes Vorzeichen, wie mir wohl bewusst ist, leider haben sich meine Befürchtungen aber bewahrheitet: Der Charme des Abenteuers geht in öden Deathmatches verloren, die anderen Modi begeistern nur bedingt und wirklich voll sind die Server mittlerweile auch nicht mehr. Gefallen hat mir der Multiplayer nicht. Versöhnlich, weil absolut begeistert, ist hingegen mein Fazit zu Uncharted 3. Das Spiel punktet durch hohe Qualität und einer Kombination aus zuckersüßer Technik und packendem Gameplay. Gehört definitiv in jede PS3-Spielesammlung.
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Genre: Action-Adventure
Entwickler: Naughty Dog
Publisher: Sony Computer Entertainment
Release: Oktober 2011
getestet: September 2013 // PlayStation 3 // pal deutsch