God of War : Ascension


Fesselspiele


Hätte man mir mal vorhergesagt, dass ich wegen eines (fast) nackten Griechen mit der Zunge schnalze, hätte ich demjenigen womöglich den Wandervogel gezeigt. Getäuscht hätte ich mich allerdings. Denn Kratos trägt meist nicht mehr als das Blut seiner Gegner und trotzdem sitze ich mit Freudentränen im Auge auf der Couch und beobachte den Kriegsgott im Kampf. Diese Leidenschaft ausgiebiger Spannerei begann vor vielen Jahren, als das erste God of War den Grundstein dafür legte und die hochwertigen beiden Fortsetzungen den Eindruck gefestigt und die Serie für mich mittlerweile unsterblich gemacht haben. Bis auf die portablen Episoden vielleicht. Aber das ist Ascension ja nicht, sondern ein Ableger für die PlayStation 3, von dem ich euch nun berichten möchte.

Dabei spare ich mir die leidlich komische Anekdote über meine doppelte Vorbestellung und weise direkt darauf hin, dass es sich bei Ascension inhaltlich um ein Prequel und Spin-off handelt. Es spielt noch vor den Geschehnissen aus Teil 1. Natürlich ist Kratos weiterhin unser Protagonist, erzählt wird aber die Geschichte seiner Familie, genauer gesagt deren tragischer Tod, den er zu verantworten hat. Denn Kratos bricht den Bluteid mit Kriegsgott Ares und wird für jene Schandtat in das Gefängnis der Furien verbannt. Ein Ort der Qual, wo der Spartaner auf ewig leiden soll. Doch Kratos ist für Fesselspiele nicht zu begeistern: Ihm gelingt der Ausbruch und ein heftiger Kampf gegen die Furien beginnt. Die Geschichte wird sehr dynamisch vorgetragen und springt immer wieder zwischen den Zeiten hin und her. Beleuchtet wird nicht just euer Ausbruch, sondern eben auch der wichtige Teil seines Lebens, der noch vor dem Gefängnis spielt. Am Ende ergibt das ein großes Ganzes, das mich mehr verwirrt hat als üblich, aber die Serie aus einem interessanten anderen Blickwinkel zeigt.



Dennoch hat z. B. Teil 3 dies aus meiner Sicht besser gelöst. Wie übrigens auch die Darstellung von Kratos an sich. Der hatte in der dritten Episode eine spürbare Wut, bei der sich mir die Nackenhaare von alleine aufgestellt haben. Selbstverständlich ist auch Ascension ein grausam-brachiales Abenteuer, aber ein bisschen weniger episch, ein bisschen weniger kompromisslos. Woran das liegt, weiß ich nicht. Kratos versucht Konflikte weiterhin nicht mit Worten zu lösen und sämtliche Feinde werden mit intensiven Manövern zum Teil regelrecht hingerichtet. Stellenweise sitzt man mit offenem Mund vor dem TV und sieht mit an, wie die Gegner zunächst aufgerieben und dann blutig in den erlösenden Tod geschickt werden. Erschöpften Elefantenkriegern wird der Kopf gespalten, Fußsoldaten werden in der Luft zerrissen und Medusen die Körperteile abgeschlagen. Zimperlich sollte man bei God of War nicht sein, das Ganze aber auch begreifen: Hier wirkt nichts real, die komplette Spielewelt ist überzeichnet und eher bunt. Der hohe Gewaltgrad wirkt deshalb leicht wahnsinnig, nicht aber widerwärtig und versteht sich m. E. eher künstlerisch.

Seit jeher setzen die Entwickler genau auf dieses Erfolgsrezept und auch spielerisch halten sie sich an die Vorgänger. Hätte ich nicht anders gemacht, denn wer will schon auf die Chaosklingen verzichten? Diese schleudert ihr auch jetzt wieder den Feinden entgegen, egal ob fliegendes Ungeheuer, erwähnter Elefantenkrieger oder fetter Troll. Eure Herangehensweise bleibt stets gleich: Prügelt so lange auf den Feind ein, bis dieser erschöpft aufgibt und erledigt ist. Da euch die Widersacher zumeist in Überzahl begegnen, wird die Hechtrolle schnell ein guter Freund und bei größeren Brocken hilft zum Ende hin nur noch ein Quick-Time-Event. Diese zeigen in fantastischen Animationen, dass Kratos alles und jeden zu Fall bringen kann. Zwar sitzt man insgesamt begeistert vor dem Fernseher, verliebt sich in die tolle Steuerung und die heftigen Kämpfe, verspürt aber durchaus einen starken Déjà-vu-Effekt. Neu ist das alles nicht. Doch sei es drum: Atemberaubende Kombos, flüssige Gefechte und aufwertbare Waffen bringen Motivation und ausreichend Abwechslung mit.



Das ist aber nicht alles, denn Kratos beherrscht Feinheiten wie den Doppelsprung und muss diesen auch oft nutzen. Passagen, in denen der Weg das Ziel ist, gibt es ebenso, wie haufenweise Schalter- und Kistenrätsel. Die Mischung aus Geschicklichkeit, brutalem Kampf und den leichten, unterhaltsamen Rätseln funktioniert. Kratos kann die Zeit manipulieren, lässt damit Objekte altern und in sich zusammenstürzen, außerdem kann er ein Duplikat seines Selbst erschaffen und so brenzlige Situationen meistern. Sony hat sich in Sachen Präsentation wieder redlich bemüht und spendiert Ascension eine herrliche Optik mit hübschen Animationen und beeindruckenden Effekten. Abgerundet wird God of War durch donnernden Sound, viel Kriegsgeschrei und einen gelungenen Score.

Obwohl ich bislang voll des Lobes war, hat mich God of War : Ascension nicht vollends begeistert. Das liegt sicherlich auch an Gof of War III, das im Prinzip nicht verbessert werden konnte. Obendrein ist mir die Geschichte aber nicht unterhaltsam genug und das Benutzen der Artefakte ist mir zu simpel. Man wird auf direktem Wege zur Nutzung gezwungen, was dem Spielspaß nicht förderlich ist. Weiterhin ist das Aufleveln der Waffen, wie auch das Aufspüren der Phönixfedern, weniger motivierend als erhofft und könnte in Teil 4 bitte anders gelöst werden. Ohnehin zeigt Ascension, dass selbst ein episches Gemetzel wie God of War mehr Variablen benötigt und ein neuer Teil dieses Ziel hoffentlich erfüllen kann. Ein paar weniger nervige Gegner könnten ehrlich gesagt auch nicht schaden. Das führt schlussendlich dazu, dass sich Ascension hinter seinen Vorgängern ansiedelt, natürlich ohne dabei zu enttäuschen. Ein dynamisches und überaus spektakuläres Action-Adventure liefert Santa Monica Studio auch diesmal, sollte ab Teil 4 dann aber mal für frischen Wind sorgen.


★★★★★     (gut)

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Genre: Action-Adventure
Entwickler: Santa Monica Studio
Publisher: Sony Computer Entertainment

Release: März 2013
getestet: Februar 2014 // PlayStation 3 // pal UK