Digitale Bastelprojekte können mich selten begeistern. Zumeist bin ich einige Minuten lang Feuer und Flamme, dann folgt jedoch relativ schnell Ernüchterung: Irgendetwas klappt nicht, wie ich es will, alles dauert zu lange und sowieso und überhaupt. Auch der erste Teil von LittleBigPlanet legte seinen Schwerpunkt auf einen Editor. Die virtuelle Verpackung war aber damals so unfassbar hübsch, dass ich die Festplatte der PS3 trotzdem mit dem Jump ’n’ Run bespielte. Wenngleich die Atmosphäre süßer war als Zucker und mich das Spiel keinen Cent gekostet hatte, ließ sich die erwähnte Ernüchterung jedoch nicht abwenden. Sie kam und siegte, so dass LBP und sein Nachfolger für meinen virtuellen Werdegang keinerlei Rolle mehr spielen sollten.
Genau bis zu dem Zeitpunkt, als die reale Welt mir neue Dinge offenbarte. Mit dabei war ein Mädchen, welches leider allzu schnell bemerkte, mit was für einem Nerd sie es zu tun hat. Und was tut ein Nerd, der in die Ecke gedrängt wird? Er wirft mit Jump ’n’ Runs nach dem Mädchen, denn sowas mögen die. Tatsächlich hatte sich auch meine Herzdame schnell in den niedlichen Sackboy verliebt. Für dessen Auftritt ist im dritten Teil von LittleBigPlanet nicht mehr maßgeblich Media Molecule verantwortlich, nein, die Führung hat man dem Team von Sumo Digital übertragen. Die haben das nicht ganz einfache Ziel, bei gleichbleibendem Charme ausreichend frischen Wind zu liefern und erneut einen motivierenden Sidescroller mit einem Editor zu verschmelzen. Der wichtigste Job bleibt aber natürlich, die Augen des Mädchens zum Leuchten zu bringen.
Ich nehme gleich vorweg: Das hat geklappt. Mit drei neuen Figuren gestaltet man nicht nur das Spielgeschehen variabler, man erhöht auch den Niedlichkeitsfaktor beträchtlich. Schon der erste Auftritt von Oddsock ist so unfassbar zauberhaft, dass auch ich sprachlos war. Zumal dieses hundeartige Socken-Geschöpf auch noch spielerisch punktet. Er ist schnell, beherrscht den praktischen Wandsprung und genießt damit einige Vorteile im Vergleich zum guten alten Sackboy. Swoop und Toggle komplettieren die Liste der Neulinge und haben ihrerseits auch was auf dem Kasten. Ist Muskelkraft gefragt, ist der klobige Toggle eure erste Wahl. Der ist trotz seiner Größe irgendwie ziemlich possierlich und kann sich obendrein verkleinern – ist also bestens dafür gewappnet, erfolgreich von links nach rechts zu gelangen. Swoop hingegen ist ein Vögelchen und entlockt dem Spieler ebenfalls ein Lächeln. In seinen Leveln braucht es konsequenten Flügelschlag, also viel X-Taste, und mit seinem rasanten Sturzflug lassen sich kleinere Geschicklichkeitspassagen überwinden. Sumo Digital hat den beliebten Sackboy also aus dem Zentrum genommen und ihm drei illustre Gesellen an die Hand gegeben, die sich sinnvoll ergänzen. Obwohl das braune Nahtgesicht nun nicht mehr die alleinige Aufmerksamkeit genießt, hat auch er neue Gadgets und Moves auf Lager. Mit einer Teleportkanone überquert ihr große Schluchten, außerdem könnt ihr mit einer Art Staubsauger Gegenstände heranholen bzw. von euch wegstoßen und hier und da sogar ein Jetpack benutzen. Der Spielablauf bietet dank jenen Möglichkeiten viel Abwechslung und es kommt mir so vor, als läge der Fokus diesmal ein wenig mehr auf Physik als sonst. Ohne Frage ist aber allen voran Timing gefragt, ganz gleich ob es um knifflige Sprungpassagen, miese Fallen oder wildgewordene Endbosse geht.
Während man sich den Weg durch die Level bahnt, ist das Einsammeln von Aufklebern erstrebenswert. Mir hat sich der Sinn des Sammelns dabei allerdings nicht wirklich erschlossen. Es macht zwar Spaß, auch weit entfernte Bläschen zum Platzen zu bringen (darin befinden sich die Sticker), da ich aber anschließend keine Zeit im Editor verbringe, ist es eher zweitranging. Nichtsdestoweniger wird am Ende eines jeden Levels knallhart bewertet, was man gefunden hat und wie oft man gestorben ist. Nicht ganz fair erschien mir das, vor allem wegen der Steuerung. Die ist erneut ein bisschen zu schwammig und nicht mit der Präzision anderer Jump ’n’ Runs vergleichbar. Das Leveldesign ist übrigens auch nicht immer erstklassig bzw. verlässt sich zu sehr auf die tolle Präsentation und nicht auf wirklich fordernde Geschicklichkeitspassagen. Man merkt hier, wie kindgerecht LittleBigPlanet ist, da die Level genau auf die jeweilige Spielfigur abgestimmt sind, also wenige Kopfnüsse bereithalten. Wie schon bei den Vorgängern ist die Technik aber unverändert schön: Stilvoll, detailliert, ungemein plastisch und irgendwie auch lustig. Trotz netter Effekte bringt LittleBigPlanet die PS4 aber nicht ins Schwitzen. Der englische Ton ist hervorragend, vor allem die Sprecher leisten tolle Arbeit und hauchen den liebenswerten Figuren Leben ein.
Gefallen haben mir an dem Spiel die Kreativität und die Ideen der Entwickler, verbunden mit ordentlich Humor. Es gibt beispielsweise ein Autorennen, bei dem ihr das Fahrzeug zuvor selbst konstruieren müsst. Mit der fertigen Kiste geht es dann einen Hügel hinunter und man versucht Erster in der Freundesliste zu werden. Weniger gut gefallen haben mir alle Eigenschaften und Optionen des besagtes Editors, was sich logischerweise negativ aufs Sammelfieber ausgewirkt hat. Mir war aber eigentlich auch nur wichtig, dass mein Mädchen zufrieden ist und ein simples Jump ’n’ Run spielen kann. Das klappt hervorragend, denn LittleBigPlanet ist insgesamt hochwertig, macht Spaß und ist für Anfänger gut geeignet.
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Genre: Jump ’n’ Run
Entwickler: Sumo Digital
Publisher: Sony Computer Entertainment
Release: November 2014
getestet: November 2015 // PlayStation 4 // pal deutsch