Super Mario. Seit mittlerweile 35 Jahren räumt der latzhosentragende Klempner all seine Feinde zuverlässig und eiskalt aus dem Weg. Meist mit reiner Muskelkraft. Nicht so bei Kingdom Battle, denn hier wird ein anderer Ansatz verfolgt. Hier greifen die freundlichen Nintendo-Helden in ihrer Not zu Blastern und Gewehren. Akrobatik und elegante Kopfsprünge rücken in den Hintergrund, hier zieht man einen Schuss in den Rücken vor. All das, weil die Hasen von Ubisoft eingefallen sind und das Pilzkönigreich in wildem Chaos zu ersticken droht. Es mag also im ersten Augenblick ein wenig befremdlich sein, wenn die rosa gekleidete Prinzessin Peach eine Handgranate zündet, aber es ist euer letztes Mittel in diesem Krieg. Der natürlich gar kein richtiger Krieg ist. Kingdom Battle ist zwar ein reinrassiges, rundenbasiertes Strategiespiel, aber trotz aller Kompromisslosigkeit ziemlich bunt, ziemlich niedlich und ziemlich freundlich.

Das interessante Crossover, das Nintendo und Ubisoft sich für uns ausgedacht haben, mischt wortwörtlich beide Welten zusammen, in- und durcheinander. Die abstruse Geschichte über eine revolutionäre VR-Brille und eine Zeitreise-Waschmaschine endet unterm Strich damit, dass die wilden weißen Rabbids in Heerscharen in die Nintendo-Welt einfallen und Bowser Jr. ziemlich schnell erkennt, welch zerstörerisches Potential das mit sich bringt. Genau sein Ding! Manipulativ wie er ist, zieht er die unschuldigen Häschen schnell auf seine Seite. Nur einige wenige Einzelkämpfer (die euch zum Verwechseln ähnlich sehen) stehen auf eurer Seite und unterstützen Mario und Co. bei der Verteidigung des Königreichs.

Heimlicher Protagonist ist allerdings ein ganz neuer Charakter, nämlich Beep-0, ein Staubsaugerroboter. Der nimmt zwar nicht aktiv an den Gefechten teil, führt eure Gruppe aber zielsicher durch den Hub der Spielewelt bis zur nächsten Konfrontation. Vorbei an allerlei bizarren Unfällen, die durch das Verschmelzen beider Welten entstanden sind. Am Schlachtfeld angekommen ändert sich dann die Kameraperspektive und ihr übernehmt die Kontrolle über euer Team. Ganz klassisch gilt es nun erst mal eine strategisch günstige Position zu finden, die euch ausreichend Schutz und ggf. sogar weitere Vorteile bietet. Ein praktisches Bodenraster hilft dabei. Euch gegenüber steht meist eine kleine Truppe bewaffneter Hasen. Der Weg durch die Mitte ist deshalb keine Variante. Zu schnell geratet ihr ins Kreuzfeuer oder werdet von großen Rabbids mit Felsbrocken verprügelt. Nein, sucht euch lieber eine hochgelegene Stellung, flankiert den Feind und nutzt die Umgebung zu eurem Vorteil. Explodierende Fässer gehen immer! Achtet aber auch auf das durchaus vorteilhafte Röhrensystem, das euch schnell an neue Orte bringt und entweder euren Rückzug sichert oder euch fast wie aus dem Nichts angreifen lässt.

Gegen die äußerst kampfesmutigen Häschen braucht es jedenfalls die entsprechende Antwort. Wie schon gesagt, krallen sich Luigi, Peach oder eure befreundeten Rabbids deshalb selbst dicke Schießeisen und nehmen die Widersacher damit aufs Korn. Die Bewaffnung der Protagonisten ist dabei der Schlüssel zum Sieg, denn jede Figur hat andere Stärken und Schwächen. Peach ist beispielsweise eine geborene Nahkämpferin und zerfetzt mit ihrer Schrotflinte fast alles, was direkt vor ihr steht. Sie kann außerdem Teammitglieder heilen. Luigi agiert wiederum aus großer Distanz, während Rabbid-Mario mit einem magisch-magnetischen Tanz alle Fieslinge aus der Deckung lockt. Es sind feine Unterschiede in Sachen Agilität, Kraft oder eben der verwendeten Kanone, die bei der Wahl der Charaktere und der Zusammenstellung des Teams beachtet werden müssen. Oder je nach Aufgabe. Nicht immer wollen nämlich stumpf alle Feinde besiegt werden. Mal muss Toadette von A nach B eskortiert werden, mal müsst ihr eine bestimmte Anzahl an Runden überleben oder eine sichere Zone erreichen. Das macht Laune, wird durch spektakuläre Endbosse und viele kleine Ideen abgerundet. Zwischen den Gefechten werden dann auch mal die Grauen Zellen stimuliert und ihr dürft Schalter- und Schieberätsel lösen, bevor wieder geschossen werden darf.

Wenngleich Mario + Rabbids nicht übermäßig komplex ist, darf man es gleichermaßen auch nicht unterschätzen. Gerade durch die Charakterentwicklung offenbart das Spiel viel Tiefe. Ihr könnt stärkere Waffen kaufen, werdet schneller, springt plötzlich weiter und müsst daraus ein vernünftiges Team erschaffen. Der Schwierigkeitsgrad ist absolut fair, ich hatten in den ersten Duellen aber noch leichte Startschwierigkeiten, später wurde ich souveräner. Man bleibt auf jeden Fall am Ball, denn viele gute Ideen und zahlreiche Details sind richtig gut ins Spiel verwoben. Außerdem sind die Fähigkeiten der Figuren unterhaltsam, insbesondere der teuflische Steely Stare (bzw. Hero Sight), der euch einen zweiten Schuss spendiert, wenn ein Feind in eure Nähe kommt. Ganz automatisch. Aber auch Rabbid-Luigis Vampirfähigkeit, mit deren Hilfe gestohlene Lebenspunkte eurem Gesundheits-Konto gutgeschrieben werden, war für mich unverzichtbar. Überhaupt kann man sich absolut in einen Rausch kombinieren: Allrounder Mario schnellt aus seiner Deckung hervor, direkt auf Luigi zu, der wirbelt seinen Bruder durch die Luft, der mit voller Wucht auf einem Hasen landet, nachtritt und blitzschnell wieder hinter einer Mauer verschwindet. Luigi nimmt nur Augenblicke später Maß, feuert, trifft und schließlich rennt die Prinzessin los, schliddert durch einen Widersacher hindurch, steht plötzlich hinter ihm und zückt sodann die mächtige Schrotflinte. Bumm: drei tote Kaninchen, viele Münzen, jubelnde Protagonisten. Kingdom Battle ist vielleicht kein Must-have, aber das Beste, was den dämlichen Rabbids passieren konnte. Eine tolle Fusion zweier Welten und ein unterhaltsames Spiel, das handwerklich und technisch hervorragend funktioniert. Ich bin positiv überrascht und kann beim leisesten Interesse für Strategie nur empfehlen, den Titel mal unter die Lupe zu nehmen.

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Genre: Strategie
Entwickler: Ubisoft Milan
Publisher: Ubisoft

Release: August 2017
getestet: März 2021 // Nintendo Switch // pal deutsch