Rabenschwarzer Panzer, feuerrote Augen, Meteorregen: Bowser bekommt endlich den Auftritt, den ich mir schon immer gewünscht habe. Als gigantische, fast teuflisch wirkende Kreatur, verwandelt er alles um sich herum in ein tödliches Flammenmeer, wirft mit Feuerbällen und stampft alles nieder, was sich ihm in den Weg stellt. Großartig inszeniert, ein eindrucksvoller Widersacher. Der es doch sicher verdient hat, dass sich Mario mit allem dagegen wirft, was er hat? Jain. Nintendo lässt den Klempner stattdessen in ein Katzenkostüm schlüpfen. Doch so bizarr das auch sein mag, denn tatsächlich stellt man sich dem durchgedrehten Bowser als kostümierte Großkatze entgegen, es funktioniert. Wie eigentlich immer bei Nintendo. Weil Geschichten und Figuren hier absurd sein dürfen, Logik eher ignoriert wird und man sich an vielen Stellen einfach gar nicht ernst nimmt – jedoch alle Räder ineinandergreifen. Und so ist auch das gelegentliche Duell von Katzenmario versus Bowser ein echtes Highlight des Spiels.
Auf dem kleinen Modul befinden sich zwei Spiele: 3D World gab es schon auf der Wii U, das erwähnte Bowser’s Fury ist hingegen neu. Es basiert zwar thematisch auf eben jenem 3D World, orientiert sich in Sachen Gameplay aber eher an Sunshine oder Odyssey. Denn hier erkundet Mario in eigenem Tempo und ohne Levelgrenzen eine Inselkette auf der Suche nach Cat Shines, die ihm im Kampf gegen den völlig ausgerasteten Bowser helfen sollen. Fünf Katzenköpfe pro Insel, viele Rätsel und Geschicklichkeitspassagen, kurze Kampfeinsätze und regelmäßig ein wilder Ritt auf Plessie, eurem treuem Reittier zu Wasser. Ein relativ klassisches Action-Adventure-Vergnügen, nicht unfassbar umfangreich, aber sehr unterhaltsam und dank Bowsers unregelmäßigen Angriffen durchaus interessant bzw. spannend. Wenn der Regen einsetzt, der Himmel sich verdunkelt und diese monströse Schildkröte am Firmament auftaucht, dann ist die einzige Priorität die Flucht und ein sicheres Versteck. Ziemlich gut gemacht.
3D World, das mir damals durch die Lappen gegangen ist, weil ich die Wii U gar nicht gekauft hatte, folgt einem anderen Ansatz. Hier bewegt sich Mario auf einer großen Weltkarte, die in sieben verschiedene Abschnitte aufgeteilt ist und wo in jedem dieser Abschnitte zahlreiche Level und Aufgaben auf euch warten. Wie früher, wenn man so will. Auch sind die Level jeweils komplett abgeschlossen und enden, ebenfalls wie früher, mit einem beherzten Sprung an den Mario-Flaggenmast. Auf dem Weg dahin könnten die Aufgaben aber unterschiedlicher nicht sein: Rasante Sprungpassagen, gut versteckte Sterne, alternative Routen, gähnende Abgründe, Zeitlimits, Röhren, Röhren, Röhren und ziemlich tödliche Fallen. Dem Spieler steht zwar die volle Bandbreite aus Feuerblume, Stern, Pilz und Katzenkostüm zur Verfügung, dennoch gleichen viele Level einer Achterbahnfahrt. Schön ist, wie unkompliziert und motivierend sich das alles spielt. Es ist zwar, zumeist, durchaus in 3D gehalten, aber limitiert und ohne freie Kamera. Erkundung steht also nicht auf dem Programm bzw. ist nicht mit den bereits genannten Super-Mario-Action-Adventures vergleichbar. Dazu sind die Level zu linear und oftmals nicht lang genug. Ideal um einen neuen Highscore aufzustellen oder die versteckten Stempel und Sterne zu finden – was sich schnell als Hauptaufgabe entpuppt. Der Sammler in mir fühlt sich jedenfalls angesprochen. Wie immer ist Mario akrobatischer als er aussieht und beeindruckt mit eleganten Ausweichmanövern und satten Kopfsprüngen auf Goombas und Co. Im vorgenannten Katzenkostüm kann Mario übrigens mit seinen Krallen überaus effektiv zuschlagen, aber auch an aalglatten Wänden hochklettern. Eine entscheidende Fähigkeit, bei all den beweglichen Plattformen, Sprungschanzen und Löchern im Boden. Ganz ernstnehmen konnte ich Mario im Katzenkostüm aber bis zum Ende irgendwie nicht.
Herrlich. Ich musste immer grinsen wenn ein neues Level verfügbar wurde und meist bin ich direkt reingesprungen, um zu schauen, was mich diesmal erwartet. Mal scrollen die Level nämlich nur von links nach rechts, Mario kann sich mitunter vervielfachen oder zum Giganten heranwachsen. Es gibt Abschnitte, in denen wird man zu einem wahren Geschwindigkeitsrausch verführt und andere Abschnitte, in denen man eher suchend und langsam weiterkommt. Die Ideen sind zahlreich, die Ideen sind gut, die Vielfalt hat mich überrascht und beeindruckt. Handwerklich gibt es natürlich ohnehin nichts zu beanstanden, die Nintendo-Protagonisten bewegen sich souverän und präzise durch alle Level. Ich hätte diesen Titel ungerne verpasst und freue mich, dass Nintendo sich für eine zweite Chance entschieden hat.
Achja, Protagonisten. In der Mehrzahl. Den Mehrspieler habe ich leider gar nicht genauer unter die Lupe genommen. Dabei ist 3D World, das mit bis zu vier Personen gleichzeitig gespielt werden kann, komplett darauf ausgelegt und quasi perfekt dafür geeignet. Man kann sich gegenseitig Items klauen oder durch die Gegend werfen und stellt sich am Ende natürlich als Einheit den härtesten Herausforderungen. Chaotisch. Absolut sogar. Aber ungemein unterhaltsam, denke ich. Bowser’s Fury fällt dagegen deutlich ab, ist aber immerhin zu zweit spielbar. Spieler 2 kann allerdings nur in die Haut von Bowser Jr. schlüpfen. Wie gesagt, nicht getestet, aber vermutlich auch nicht groß der Rede wert. Mobil funktionieren beide Spiele hervorragend. 3D World ein bisschen besser, weil man einen Haken hinter ein Level machen kann. Aber natürlich ist auch ein schneller Cat Shine zwischendurch kein Problem. Gibt ja schließlich 100 Stück.
Mario im Doppelpack hat mich überzeugt und punktet mit altbekannten Stärken, nämlich perfekten Jump-’n’-Run-Eigenschaften. Das hat mich nicht wirklich überrascht, aber irgendwie auch doch. Es ist schon absurd, wie sehr sich manche Spiele abzumühen scheinen, was Inszenierung, Story und Co. betrifft und dann kommt ein Super Mario um die Ecke und macht einfach den ganzen Tag lang Spaß. Vielleicht ist das die größte Kunst der Entwickler: Sie lassen es so leicht aussehen.
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Genre: Jump ’n’ Run
Entwickler: Nintendo EPD
Publisher: Nintendo
Release: Februar 2021
getestet: Juli 2023 // Nintendo Switch // pal deutsch