Call of Duty : WWII


Of Wolves and Men


Mit einem Zeitsprung von gut 150 Jahren hat das Setting des neuen Call of Duty nicht mehr viel mit seinem Vorgänger Infinite Warfare gemein. Die Serie will und muss sich neu erfinden und landet ironischerweise wieder dort, wo im Jahre 2003 alles begann. Beim Zweiten Weltkrieg. Ein wirkliches Novum ist das nicht, eine Zeit lang war man als Telespieler sogar übersättigt von der Thematik. Jetzt, im Jahre 2017, wirkt es aber plötzlich wieder relativ frisch. Die Abkehr von Raumkreuzern und Exoskeletten hat sich für die Entwickler übrigens gelohnt, WWII verkauft sich verdammt gut und bereits im Vorfeld war die Stimmung ausgelassen und positiv.

Womit wir wieder bei der Ironie wären, denn Call of Duty thematisiert den grausamsten Konflikt in der Geschichte der Menschheit und hat nichts mit positiver Stimmung zu tun. Euer Einsatz beginnt mit dem Sturm auf die Normandie, einem Himmelfahrtskommando der Alliierten, die zu tausenden an dem von Deutschen ausgebauten Atlantikwall zerfetzt werden. Dennoch wird die Schlacht gewonnen und der Vormarsch zur Rettung Europas kann über Frankreich beginnen. Das Spiel führt euch in verschiedenen Szenarien immer weiter Richtung Deutschland und tief ins Herz des Feindes. Ihr übernehmt dabei primär die Rolle von Private Daniels, der als Teil eines Squads der U.S. Army direkt an der Front im Einsatz ist. Zwar versucht WWII mit vielen Zwischensequenzen und Teamwork eine gute Story zu konstruieren, aus meiner Sicht misslingt dies aber. Ich kaufe dem Spiel das alles nicht ab. Das, was ich geboten bekomme, ist in Filmen und anderen Spielen schon oft verwendet worden und obwohl ich mir das im Vorfeld nicht hatte vorstellen können: Die Atmosphäre ist nicht überragend. Schuld hat die vorhersehbare Geschichte und auch die platten Figuren, allen voran Sergeant Pierson. Die eigentlich recht lebendig inszenierten Cutscenes sind randvoll mit 08/15-Dialogen und auch die knappen Missions-Briefings lassen Stimmung verloren gehen. Im Vergleich mit z. B. World at War schafft WWII es nicht das Thema global zu begreifen. Es ist eine persönliche Geschichte und wirkt dadurch belanglos. Positiv aufgefallen ist indes die fortwährend bedrückende Stimmung, vor allem in der ungeschnittenen UK-Fassung. Sledgehammer Games schafft es an vielen Stellen außerdem die emotionale Ebene zu bedienen und ins Spiel zu bringen. Und wenn beispielsweise in den Ardennen plötzlich Artilleriefeuer einschlägt und nur die dramatische Flucht euer Leben retten kann, dann ist das einfach nur brillant konstruiert und präsentiert.



Selbstverständlich handelt es sich beim mittlerweile 14. Call of Duty um einen stark auf Action ausgelegten Ego-Shooter. Ein richtiges Deckungssystem gibt es weiterhin nicht, feindlichem Beschuss weicht man durch schnelle Bewegungen aus oder indem man sich auf den Boden legt und die Angriffsfläche verkleinert. Zahlreiche halb- und vollautomatische Waffen stehen euch zur Gegenwehr zur Verfügung und das Gunplay fühlt sich hervorragend an. Präzise, direkt und sowohl das Treffer-Feedback als auch das allgemeine Handling verdienen Lob. Die aggressiven deutschen Soldaten sind ebenso zielsicher wie eure Kameraden, die euch sinnvoll im Feuergefecht unterstützen. Ein hoher Schwierigkeitsgrad macht grundsätzlich mehr Spaß, das Design des Spiels kann aber auch frustrieren: Viele gescriptete Events müssen genau so gespielt werden, wie die Entwickler sich das gedacht haben, was bisweilen zu Trial-and-Error-Situationen führt. WWII ist rasant, läuft flüssig und obwohl man dieses Mal ohne Wandlauf und Doppelsprung auskommt, geht es progressiv nach vorne und strategische Bemühungen werden weitgehend außer Acht gelassen.

Versagt haben die Entwickler beim Leveldesign. Es ist eng. Es ist so eng, dass sich euer Weg anfühlt wie ein großer Schlauch. Dadurch bleibt die Intensität der Feuergefechte deutlich hinter meinen Erwartungen zurück. Ich fühle mich in meinem Tun tatsächlich eingeschränkt. Das Problem ist weitreichend, das ganze Spiel wirkt gestaucht, nicht episch und groß. Um zumindest etwas Abwechslung mit einzubringen, dürft ihr auch mal am Steuer eines Panzers Platz nehmen oder in den Luftkampf ziehen, außerdem sollen bestimmte Abschnitte still und heimlich erledigt werden. All das ist simpel und wenig innovativ umgesetzt, wirkt aufgesetzt und platt. Schade.



Technisch kann man der knackigen 4K-Umsetzung kaum Vorwürfe machen. Ausleuchtung und Texturen machen bis auf wenige Ausnahmen eine fantastische Figur. Allerdings darf man auch nicht vergessen, wie klein die Areale tatsächlich sind. Wichtiger als die Fakten zur Technik sind jedoch ohnehin jene besonderen Momente im Spiel, wenn dröhnende Panzer über Schützengräben fahren, donnernde Flakgeschütze den Himmel verdunkeln oder hämmerndes Sperrfeuer eure einzige Lösung ist. Immer dann fühlt sich WWII unfassbar gut an, sieht unfassbar gut aus und klingt (vor allem mit Kopfhörern) unfassbar intensiv.

Mühe hat man sich auch mit dem Mehrspieler gegeben, der mit eigenem Hub daherkommt und zahllose Möglichkeiten der Modifikation bereithält. Der Einstieg in das Spiel ist sehr leicht, CoD ist aber komplexer, als man anfangs denkt. Wenn man auf dreckige, schnelle und kompromisslose Gefechte steht, führt eigentlich kein Weg vorbei. Zombies habe ich hingegen erneut ignoriert, obwohl dieser kooperative Spielmodus mittlerweile wirklich ausgereift zu sein scheint.

Call of Duty : WWII macht einiges falsch, was andere CoDs richtig gemacht hatten. Designentscheidungen wie das Comeback des Medkits finde ich super, anderes merkwürdig. Wenn man das Spiel z. B. nicht über das Pausemenü und Leave verlässt, geht der Fortschritt verloren. Zur Hölle?! Was machen wir nun also mit WWII? Es ist ein bisweilen sehr atmosphärischer und von tollen gescripteten Events dominierter Ego-Shooter, der aufgrund enger Level meinem Anspruch nicht gerecht wird. Gepaart mit dem Mangel an Innovationen, dem nur durchschnittlichen Plot und einer nicht weltbewegenden Optik, muss sich der Titel mit einem 'befriedigend' begnügen.


★★★★     (befriedigend)

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Genre: Ego-Shooter
Entwickler: Sledgehammer Games & Raven Software
Publisher: Activision

Release: November 2017
getestet: November 2017 // Xbox One // pal UK