South Park : the Fractured but Whole


Bis das Arschloch reißt


Ich erinnere mich gerne an die Zeit in meiner Wohngemeinschaft zurück, als Hack häufiger auf dem Speiseplan stand als es für den Körper gut ist. Je nach Schärfegrad und Würze lebten wir allerdings tagelang mit einem faulen, sauren und muffigen Raumklima. Eklig, jedoch kein Vergleich zum New Kid. In dessen Rolle schlüpft ihr im neuesten RPG-Streich der South-Park-Schöpfer, die sich dafür abermals mit Entwickler Ubisoft zusammengetan haben. Euer Alter Ego (Spitzname Buttlord) furzt nahezu ununterbrochen. Dessen Gase entpuppen sich jedoch als extrem giftig und werden im Spielverlauf deshalb ziemlich hilfreich.

Der zensierte Vorgänger hat mich direkt in die Arme der UK-Fassung getrieben, auch wenn die Schere diesmal wohl gar nicht zum Einsatz gekommen ist. Trotzdem darf man nicht zimperlich sein: Wenn in Alufolie gewickelte Mexikaner zu Kampfrobotern zusammengeklebt werden, die Hautfarbe den Schwierigkeitsgrad bestimmt oder man mehrfach mit ansehen muss, wie der eigene Vater die Mutter fickt, dann befindet man sich tief in der bissig-bizarren und triefend ironischen Welt von South Park. Randvoll mit Fäkalhumor, Blut, Judenwitzen und ausfallenden Grundschülern. Gefällt nicht jedem, ist aber intelligent, hochwertig und hat mich insgesamt bestens unterhalten.



Das RPG erzählt die Geschichte zweier rivalisierender Gruppen von Grundschülern, die beide für Gerechtigkeit in der Stadt sorgen möchten und gerne den Finderlohn für Scrambles hätten. 100 Dollar bekommt das Team, das die fette Katze zuerst aufspürt. Dazu schlüpfen die Kinder in die Rollen selbst erdachter Superhelden, die man bereits aus der TV-Serie kennt. Die Kostüme und persönlichen Hintergrundgeschichten sind detailliert und liebevoll gestaltet, die Entwickler haben sich für jeden Charakter außerdem passende Angriffe bzw. Verteidigungsmaßnahmen ausgedacht. Toolshed haut mit seinem Bohrer mächtig Schaden raus, Call Girl schafft es mit Telefonbomben auch weit entfernte Feinde zu erreichen, während Human Kite seinen Drachen schützend vor seine Kameraden wirft. Den Entwicklern standen, Genre sei Dank, viele Möglichkeiten zur Verfügung, den Humor der Serie sinnvoll ins Spiel zu integrieren – und das haben sie erneut verdammt gut gemacht.

Das Kampfsystem hat sich übrigens verändert: Zwar werden die Gefechte weiterhin rundenbasiert ausgetragen, allerdings gibt es nun ein Bodenraster auf dem Schlachtfeld, auf dem euer Trupp platziert werden muss. Selbstredend muss ein Gegner in Reichweite stehen, damit er angegriffen werden kann und demzufolge kann nicht jede Aktion zu jeder Zeit ausgeführt werden. Wenngleich man South Park spielerisch auf den ersten Blick vielleicht unterschätzen mag, kann der zusätzliche Strategie-Anteil auf den hohen Schwierigkeitsgraden eine echte Herausforderung sein. Da braucht es dann ein perfekt aufeinander abgestimmtes Team und sinnvolle Bewegungen. Statusschäden, wie beispielsweise Blut-, Schock- oder Ekelschaden fehlen ebenfalls nicht und dank mächtigen Spezialangriffen und diversen kleineren Quick-Time-Events offenbaren die Auseinandersetzungen durchaus Tiefe und Komplexität. Wenn man das denn will. Selbstverständlich stehen euch auch Unterstützungszauber und einige Gegenstände zur Verfügung, die eure Distanz- und Nahkampfangriffe ergänzen. Ist mal richtig Not am Mann, können die Kids sogar externe Verstärkung ins Gefecht heraufbeschwören. Sämtliche Manöver sind maßgeschneidert auf eure Liga der Superhelden, mir deshalb aber ein wenig zu weit weg von der Serie. Wenn ihr versteht.



Dennoch ist Atmosphäre die große Trumpfkarte des Titels. South Park selbst ist zwar ziemlich klein und sieht dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich, doch das muss so sein. Schule, Kirche, Peppermint Hippo und zahlreiche Figuren aus dem Cartoon haben ihren Weg in die völlig abgedrehte Geschichte gefunden, die bis zum zähen Showdown viel Spaß gemacht hat. Man kämpft gegen Sechstklässler, Senioren und Penner, Randy Marsh oder besoffene Rednecks. Furzt ihnen ins Gesicht, heilt euch mit Tacos und durchsucht fremde Garagen nach Schrott oder homoerotischen Bildern von Tweek und Craig. Sidequests gibt es leider nicht viele, dafür sind sie toll umgesetzt worden. Anstelle eines normalen Hauptmenüs steht euch bei the Fractured but Whole euer Handy zur Verfügung. Hier lassen sich alle Einstellungen übersichtlich vornehmen, von der Teamaufstellung bis hin zur Auswahl der eigenen Klasse, nebst diversen Angriffen. Platziert haben die Entwickler hier auch das Artefakt-System, was die klassische Levelprogression ersetzt. Pauschal mehr Kraft und Gesundheit spendieren euch die Macher beim Erreichen einer neuen Stufe nämlich nicht, dafür braucht es die genannten Artefakte. Die wiederum spürt ihr nach und nach auf und drückt so euren Might Level nach oben. Doch die Teile können meist mehr: erhöht die Knockback Damage, verbessert die Soforterholung und stärkt den Widerstand des gesamten Teams gegen Elementarschäden. Toller Ansatz, aber in letzter Konsequenz nicht so recht mein Ding.

The Fractured but Whole ist ein intelligentes Spiel, das die Dinge nicht unnötig verkompliziert. Es ist, gemessen an anderen RPGs, sicher ein wenig kurz, klein und eure Entscheidungen haben keinerlei Einfluss auf den Spielverlauf. Dinge wie das Buddy-System scheitern leider an sich selbst und der Humor geht mir zu sehr in Richtung Fürze und Scheiße. Hier merkt man dann irgendwie doch, dass die Entwickler vieles nicht zwingend genug angegangen sind. Tatsächlich verliert South Park am Ende reichlich Charme und erreicht nicht die Qualität des Vorgängers. Zu Gute halten muss man dem Spiel aber den brillanten Cast, inklusive aller Originalsprecher. Es sieht 1:1 aus wie die TV-Serie und Zwischensequenzen gibt es jede Menge. Ich habe einige Male laut lachen müssen, durfte über abstruse Ideen staunen und habe mir nach dem Abspann noch die Zeit genommen, einige Sidequests abzuschließen. Empfehlen würde ich das Spiel also definitiv, jedoch nicht ohne Einschränkungen. Mögen muss man Kyle, Cartman, Stan und Kenny nämlich schon. Dann ist es ein interessanter Ausflug unter die Gürtellinie.


★★★★     (befriedigend)

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Genre: RPG
Entwickler: Ubisoft San Francisco
Publisher: Ubisoft & South Park Digital Studios

Release: Oktober 2017
getestet: Januar 2018 // Xbox One // pal UK