FIFA 18


Kleinkrieg auf dem Sofa


Ernsthaft? Ein Sieg mit der Deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen ist ein seltener Erfolg? Im Regelfall bekommt man ein solches Achievement für das Beenden eines Spiels mit allen Sammelobjekten oder dem Überleben auf höchster Schwierigkeit – hier jedoch reicht es, einfach nur ein Spiel mit den Damen zu gewinnen. Hm. FIFA 18 darf man dafür übrigens nicht die Schuld geben. Es ist systemseitig so geregelt, dass ein Erfolg immer dann als selten gilt, wenn weniger als 10 % aller Spieler diesen freigeschaltet haben. Dennoch erschreckend. Das heißt nämlich im Klartext, dass niemand mit den Frauen spielt. Ich gehöre tatsächlich zu den magischen 0,56 % weltweit, die ein Damenfußballturnier gewonnen haben.

Abgesehen davon war FIFA 18 nicht wirklich dazu im Stande, mich zu erschüttern. Das ist für ein jährliches Update natürlich auch so gut wie unmöglich. Außerdem ist es bereits mein fünftes FIFA für die Xbox One und entsprechend gehöre ich zu den ganz alten Hasen. Zwar schrauben die Damen und Herren von EA Vancouver (früher EA Canada) laufend und ständig an dem Titel, aber unterm Strich ist es ganz einfach eine Fußballsimulation. Und so sehr ich deren Qualität auch schätze, zu Jubelstürmen verleitet mich das nicht. Meist schlage ich nur noch im Sale zu, dann aber mit einem Lächeln im Gesicht.



Denn FIFA bringt Emotionen. Lobgesänge, Hasstiraden, Applaus und staunende Blicke. Jedenfalls im lokalen Mehrspieler, den ich hiermit ausdrücklich loben möchte. Sogenannte FIFA-Abende sind der Grund dafür – und für die braucht man gar nicht so viele Zutaten: Man drucke sich die Ewige Tabelle aus (die wir seit 2014 führen und bei der ich auf Rang 1 stehe), kaufe Chips und Bier und dann sitzt man zu dritt oder viert auf der Couch, schreit sich an, beschimpft sich, jubelt und lacht. Immer ein Highlight. Leider finden solche Abende mittlerweile nur noch sehr selten statt, was sich auch auf meine spielerischen Fähigkeiten auswirkt. War ich früher noch ein echtes Talent am Ball, der brillante Amazing-Achim, so kann ich heute nur noch mühsam gegen meine Freunde bestehen. Trotzdem bleibt all das mein ganz persönlicher Anreiz und Hauptgrund, FIFA zu kaufen.

Eben weil es aber so selten im Mehrspieler zur Sache geht, versuche ich mich gelegentlich auch solo zu amüsieren. Bereits im letzten Jahr wurde für Einzelspieler mit the Journey eine äußerst interessante Neuerung implementiert, nämlich ein storybasierter Karrieremodus. In der Haut von Alex Hunter, einem ungeschliffenen Rohdiamanten, durchlebe ich das Auf und Ab des Fußballsports, versuche auf dem Rasen den Anforderungen des Trainers zu entsprechen und in Interviews die Fans glücklich zu machen. Eben jenes Konzept wird bei FIFA 18 fortgeführt, hat mich diesmal aber nicht ganz so lange gefesselt. Liegt nicht wirklich an the Journey selbst, die Idee finde ich nach wie vor gelungen, sondern einfach an den 12 Minuten dauernden Spielen und der damit verbundenen Eintönigkeit. Ultimate Team heißt ein anderer Modus, den ich mir jedes Jahr intensiv zu Gemüte führe. Hier geht es wie immer darum, eine Mannschaft auf Basis von Sammelkarten zusammenzustellen. Dafür muss man das interne Auktionshaus bemühen und sich obendrein um Trainingseinheiten und Vertragslaufzeiten kümmern. Im Kern zwar simpel, dafür aber unterhaltsam, ausreichend komplex und die ideale Mischung aus sammeln, managen und spielen.



Alle anderen Modi, so nett sie auch sein mögen, reizen mich nicht. Naja, bis auf das eine Damenturnier halt. Aber von Be-a-Pro, Online-Liga und Co. halte ich mich dann doch eher fern. Wie immer nutze ich auch das üppige Online-Angebot nicht, weil ich vermutlich bei jedem zweiten Spiel vollkommen ausrasten und an die Decke gehen würde. Das Hauptmenü ist jedenfalls randvoll mit Möglichkeiten und Optionen sich mit virtuellem Fußball zu befassen. Ganz nach eigener Vorliebe kann man vollständig in FIFA 18 abtauchen und sich im jeweiligen Modus austoben.

Was alle Spielarten gemeinsam haben, ist natürlich das Gameplay. Das ist glücklicherweise grundsätzlich unverändert geblieben, wie in jedem Jahr gibt es jedoch zahlreiche marginale Verbesserungen. Von denen lese ich meist nur, auf dem Platz bekomme ich davon nicht wirklich viel mit. Ob Spieler den Ball jetzt besser abschirmen oder hier und da die Animationen realistischer aussehen, geht aus meiner Sicht in der Hitze des Gefechts ohnehin unter. Apropos Animationen: Optisch wurde FIFA natürlich wieder aufgehübscht. Feine Bewegungsabläufe, schicker Rasen, grandiose Replays und das Publikum sieht auch besser aus. Wenig Überraschungen beim Sound: Hochwertig im Menü, Wolf Fuß während des Spiels und z. T. sehr atmosphärischer Fangesang. Gleiches gilt für das Fazit. Keine Überraschungen. FIFA 18 knüpft mehr oder weniger nahtlos an den direkten Vorgänger an, reizt mich allerdings mit jedem Jahr etwas weniger. Vielleicht lasse ich die nächste Episode einfach mal weg. Aufgrund der geringen Motivation reicht es für mich persönlich diesmal maximal für ein 'befriedigend', jene Note wäre aber unfair. Ein 'gut' hat sich das Sportspiel für das saubere Gameplay, den enormen Umfang, die vielen Lizenzen und (wenigen) Verbesserungen definitiv verdient.


★★★★★     (gut)

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Genre: Sport
Entwickler: EA Vancouver
Publisher: EA Sports

Release: September 2017
getestet: Mai 2018 // Xbox One // digital // Englisch