Super Lucky’s Tale


Gefangen im Buch der Zeitalter


Motivation ist eine merkwürdige Geliebte. Beim Sport so dringend benötigt und nahezu niemals präsent, hätte ich in anderen Teilbereichen meines Lebens gerne weniger davon. Beim Gamerscore beispielsweise. Aber nein, hier ist meine Motivation unerklärlicherweise ungetrübt und stark, was schließlich dazu geführt hat, dass ich mir Super Lucky’s Tale zugelegt habe. Denn das Xbox exklusive Jump ’n’ Run hat den Ruf leicht spielbar zu sein. Wenn sich simple Erfolge und nette Unterhaltung mischen, dann ist das eine ausgezeichnete Kombination. Tja und als der Titel dann in den Game Pass aufgenommen wurde, da war der perfekte Moment gekommen.



Ich gebe zu, dass ich bitterlich irritiert war, als Lucky bei der E3 das erste Mal vorgestellt wurde. Ein Kinderspiel? Mit niedrigem Budget? Damit will man der Konkurrenz das Fürchten lehren? Fakt ist jedoch, dass ein solcher Titel für das Xbox-Portfolio eine ausgezeichnete Ergänzung darstellt. Und nur, weil wir es hier nicht mit einem AAA-Titel zu tun haben, muss er ja nicht schlecht sein. Für eine revolutionäre kindgerechte Geschichte hat es allerdings unglücklicherweise nicht gereicht: Lucky ist ein aufgeweckter kleiner Fuchs, der versehentlich in die Fänge des Buchs der Zeitalter gerät und davon aufgesogen wird. Dort ist er jetzt gefangen und lernt schnell den selbsternannten Herrscher kennen: Jinx, eine übergroße Katze. Gemeinsam mit seinen Kindern terrorisiert Jinx die Bewohner dieses seltsamen Ortes – und das kann Lucky unmöglich zulassen. Er macht sich auf die Suche nach Kleeblättern, die er logischerweise braucht, um sich den Katzen in den Weg zu stellen. Und außerdem ist das die einzige Möglichkeit, um nach Hause zurückzukehren. Ja. Spannend ist das zwar ganz und gar nicht, aber trotzdem sympathisch. Fische und Kraken amüsieren sich im Holiday Canyon, Gespenster trifft man in Spookington und Regenwürmer kümmern sich im Veggie Village ums Gemüse. Es ist bunt, niedlich, absolut kindertauglich und in Summe nett gemacht.

Selbst die Endbosse, von denen in jeder Welt einer auf euch wartet, sind nicht wirklich grausam oder böse. Bevor ihr mit den pelzigen Fieslingen in den Ring steigen dürft, müsst ihr eine ganze Menge der erwähnten Kleeblätter aufspüren. Im zentralen Hub der jeweiligen Location warten die einzelnen Level darauf, von euch betreten zu werden. In denen stehen wiederum spezielle Aufgaben für euch bereit. Mal reicht es, einfach nur von A nach B zu gelangen, mal müssen gut bewachte Schalter umgelegt oder Objekte zerstört werden. Es ist simpel, überschaubar und wer einfach nur das Ende erreichen will, ist zumeist ziemlich zügig fertig. Das reicht allerdings bei Weitem nicht. Denn in jedem Level können noch drei weitere Kleeblätter erobert werden. Eines gibt es für 300 gesammelte Münzen, ein anderes setzt das Aufspüren eines Geheimlevels voraus und tatsächlich hat Entwickler Playful Corp. in jedem Areal auch noch fünf goldene Buchstaben versteckt. Teufel noch eins. Man muss also durchaus die Augen offenhalten, aber genau darum geht es ja Leuten wie mir. Denn nur wer alle Kleeblätter findet, wird mit Gamerscore belohnt. Unbezahlbar.



Während sich die meisten Level spielen wie ein typisches 3D-Jump-’n’-Run, gibt es auch immer wieder Ausflüge in 2D-Areale, was ich für einen gelungenen Kniff der Entwickler halte. Darüber hinaus haben einige Logikpuzzles ihren Weg ins Spiel gefunden, denen man sich separat widmen kann. Auch das gefällt. Ansonsten ist SLT wenig inspirierend, aber in Summe solide und unterhaltsam. Die Level sind etwas klein und das Rad wird auch nicht neu erfunden. Der kleine Fuchs rennt und springt wie ein Irrer durch die Gegend, kann mit einer Wirbelattacke seine Flugzeit verlängern oder Gegner besiegen, denen er ansonsten galant auf den Kopf springt – bis sie sterben. Derweil ihr nach dem richtigen Weg sucht, meistert ihr zahllose Geschicklichkeits- und Sprungpassagen, weicht Fallen aus oder spürt mit einer geisterhaften Laterne verborgene Abkürzungen auf. Lucky kann sich darüber hinaus in die Erde eingraben und so vielen Hindernissen entgehen bzw. sie grazil umkurven.

Besser gefallen haben mir persönlich die 2D-Abschnitte, da Kamera und Steuerung hier eine bessere Figur abgeben. Beide lassen euch in den quietschbunten 3D-Landschaften nämlich gelegentlich im Stich. Vor allem fliegende Gegner sind aufgrund der schlechten Kollisionsabfrage schwer zu erwischen; insbesondere wenn es schnell gehen muss, fühlt man sich nicht sicher am Controller. Die Kamera ist indes nur geringfügig drehbar und lässt nur teilweise eine Nachjustierung zu. Das fand ich jedoch weniger gewichtig, da die meisten Level gar nicht ausreichend komplex sind, als das 360°-Schwenks erforderlich wären. Trotzdem ist das Spiel handwerklich nicht ganz ausgereift und unnötige Tode sind die Folge. Apropos: Auch beim Schwierigkeitsgrad hat Playful Corp. nicht durchweg die richtige Balance gefunden. Zwar ist SLT grundsätzlich sehr leicht und einfach, dann und wann braucht es dann aber doch ein wenig Konzentration und Frustresistenz.

Da mich das Spiel keinen Cent gekostet hat, davon ausgehend, dass der Game Pass nicht in die Kosten mit einfließt, habe ich mir direkt auch die beiden Zusatzepisoden gezogen. Die haben zwar Geld gekostet, dass Spiel aber sinnvoll vergrößert. Insbesondere beim Guardians-DLC konnten die Entwickler in einigen auf 80er getrimmten Leveln zeigen, was sie eigentlich drauf haben. Hier konzentriert man sich aufs Wesentliche und kann damit direkt punkten: weniger Action, dafür viel Geschichklichkeit. Ganz im Gegensatz zu den katastrophal spielbaren Murmel-Leveln, bei denen man als Kugel durch Labyrinthe voller Münzen rollt. SLT war insgesamt ein netter Jump-’n’-Run-Happen und ich hoffe Playful Corp. kann sich auf dieser guten Basis weiterentwickeln. Da steckt Potential drin. Das täuscht selbstredend nicht über die vielen Unzulänglichkeiten, die mittelprächtige Technik oder den eher geringen Umfang von Super Lucky’s Tale hinweg.


★★★★     (befriedigend)

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Genre: Jump ’n’ Run
Entwickler: Playful Corp.
Publisher: Microsoft Studios

Release: November 2017
getestet: Juli 2018 // Xbox One // digital // Englisch